Christine Bremi

Christine Bremi ist in Zürich aufgewachsen. Sie bildete sich zur Kindergärtnerin aus und absolvierte danach noch das Werkseminar. Sie unterrichtete Zeichnen an der Oberstufe, unterrichtete eine Zeit lang am Kindergartenseminar in Brugg und gab lange Jahre Werken an der Kantonsschule Küsnacht. Ausserdem unterrichtete sie Modellieren und Töpfern an der Migros-Klubschule. 

Fotos der Ausstellung, 2007 (© Bruno & Eric Bührer)

Aufenthalt

08.02. - 18.03.2018

Bewegung in Balance

Christine Bremi, «Bewegung in der Balance»

Christine Bremi ist in Zürich aufgewachsen. Sie bildete sich zur Kindergärtnerin aus und absolvierte danach noch das Werkseminar. Sie unterrichtete Zeichnen an der Oberstufe, unterrichtete eine Zeit lang am Kindergartenseminar in Brugg und gab lange Jahre Werken an der Kantonsschule Küsnacht. Ausserdem unterrichtete sie Modellieren und Töpfern an der Migros-Klubschule. 

Leicht und beschwingt, aber zuweilen auch unheimlich wird einem zumute beim Betreten von Christine Bremis Reich der Bewegung und deren «Zwillingsschwester», der Balance. Fast zuckt es einem in den Armen und Beinen. Bewegung kann lustvoll sein, als Freudesprung, Mitwippen bei Musik, sie kann aber auch ein Unbehagen ausdrücken, als wütendes Stampfen, Strampeln, ungeduldiges Zappeln.

Begonnen hat alles mit einem Workshop zu Tanz und Theater, den Christine Bremi besuchte. Nach einer einstudierten Choreographie fand sie es schade, dass diese Bewegungsabläufe nun einfach wieder vergessen gehen sollten. Deshalb zeichnete sie sie auf. Wie bringt man aber einen zeitlichen und räumlichen Verlauf auf das Papier? Dafür gibt es keine konventionellen Zeichen, wie es die Buchstaben für unsere Sprachlaute sind. Sie musste die Aufzeichnung deshalb selbst erfinden. Zur menschlichen Figur gesellte sie spiralförmige Linien, welche die Art und Richtung der Bewegung aufzeigten. Das Resultat war überraschend und faszinierend, und so experimentierte sie mit verschiedenen Umsetzungen der Zeichnung als reliefartige Installation, mit Figuren aus Ton, aus Halbkarton oder Sperrholz und mit Draht. Das Zweidimensionale des Papiers bricht sie auf, indem sie verschiedene Transparentpapiere mit Zeichnungen oder mit ausgeschnittenen Formen übereinanderlegt.

Als sie die Gegend erkundete, hatte sie einmal buchstäblich eine Liane vor der Nase, die sie zur Seite schieben musste, um durchzukommen. So stiess sie auf die Idee, ihre Figuren mit Lianen und auch mit Rebenranken zu kombinieren. Den frisch-fröhlich-wilden Tanzbewegungen stellt sie die drei Ruhepositionen des Menschen – sitzen, stehen, liegen – gegenüber, in einen Holzrahmen eingefasst. In einer dritten Arbeit daneben wird der Holzrahmen von den kraftvollen Bewegungen seiner Figuren gesprengt. Ausbuchtungen entstehen, wo sich Füsse oder Hände mit Wucht dagegenstemmen. Die Wand im Atelier ist nicht gerade, so dass sich die Rahmen und die Figuren von der Wand lösen, aufzuspringen scheinen. Dabei entsteht ein Schatten, den ein Bein, ein Arm, eine Liane auf die weisse Mauer wirft, ein faszinierender und zuweilen auch etwas beunruhigender Tanz. 

Spezielle Balancierstangen benutzt die Künstlerin für eine grosse Wandinstallation: Es handelt sich um Weblitzen, die sie im Zürcher Oberland bei der Auflösung einer Weberei gekauft hatte. Die beiden Objekte, die sie an den äusseren Enden befestigt, balanciert sie sorgfältig aus – je nach Gewicht beugen sie die Litzen in unterschiedlichen Neigungen. Die Objekte, Blütenblätter, Ästchen und Steinchen fand Christine Bremi auf ihren Wanderungen – manche kommen auch von weit her, wie das Seeweed, das sie in Schottland gesammelt hat. 

Ton wegnehmen und anderswo ansetzen: In fragilem Gleichgewicht töpferte sie eine Vase und liess sie bei Giusy Arndt brennen. Beim Aufbau dieses Gefässes in mindestens dreissig Stunden Arbeit hat die Künstlerin nach eigenem Empfinden Grenzen der Balance überschritten, sowohl statisch als auch ästhetisch.

Um ein inneres wie äusseres Gleichgewicht kreist das einer griechischen Vase nachempfundene Reliefbild «Tag und Nacht». Die beiden Lebensformen, links die Nacht und rechts der Tag, zeigen eine ganz unterschiedliche Bewegung: während die aktiven Tagfiguren sich bemühen, abstrampeln, die Karriereleiter hochklettern, findet sich in der Nacht mehr Nachdenklichkeit, eine Bewegung des Eintauchens und Versinkens. 

Christine Bremi hat ihre Träume und Beobachtungen in Farbstiftzeichnungen notiert, auf geschöpftem Ingres-Papier, das noch die Struktur der Drähte bewahrt, auf die es gespannt war. Da finden sich Bilder aus der Umgebung der Casa Atelier, aber auch rätselhafte, manchmal beklemmende Traumszenen: Wird eine Person von der Tischrunde ausgeschlossen? Hetzt da jemand einen Tiger auf sein Gegenüber, das die Hände verwirft? Dabei findet die Künstlerin das Ineinanderfliessen von inneren und äusseren Vorstellungen interessant. Der Traum entsteht aus dem Unbewussten, seine zeichnerische Gestaltung geschieht aber bewusst und überlegt. 

Auf vielfältige, tänzerische Art führt uns Christine Bremi so das Thema der Bewegung vor Augen. Dabei bringt sie Gleichgewichte ins Wanken, stellt aber auch wieder eine Balance her, die für unser Leben zentral ist: zwischen wilder Tanzbewegung und Ruheposition, zwischen Tag und Nacht, zwischen Traum und Wirklichkeit.

Ruth Gantert, Bedigliora, 17. März 2018

Christine Bremi verbrachte 2007 schon einen Arbeitsaufenhalt in der Casa Atelier Bedigliora.

Sie beobachtete Licht und Schatten in der Umgebung der Casa Atelier und verarbeitete ihre Eindrücke in Objekte aus verschiedenfarbigem Ton. 

Christine Bremi, Wandobjekt aus Ton, Bedigliora 2007

Einführung zur Ausstellung

Christine Bremi lebt in Zürich. Ihr erster Beruf war Kindergärtnerin. Später hat sie die Ausbildung zur Werklehrerin an der Schule für Gestaltung in Zürich gemacht. Sie hat immer gezeichnet und gemalt, bei dieser Ausbildung hat sie gemerkt, dass sie das weiche Material Ton besonders gerne hat.

Für die drei Monate in Bedigliora hat sie sich schon im voraus Gedanken gemacht, wie sie arbeiten will in dieser Zeit, an diesem Ort. Sie hat sich entschieden, Wandobjekte zu machen, aus dem praktischen Grund: Für ihre Ausstellung wollte sie keine Konsolen / Podeste mitnehmen. Bei der Arbeit mit Ton gibt es ohnehin viel Material zu transportieren.

Christine Bremi sagt zu ihrer Arbeit: «Ich möchte mit wenig und einfachen Mitteln etwas ‚Schönes’ zustande bringen. Erscheinungen aus der Natur sind für mich Inspirationsquellen (Äste, Steine, Samen, Landschaftsformen)».

Christine Bremi liess sich auch hier anregen von Eindrücken rund um die Casa Atelier. Zuerst waren das eine Reihe Tontöpfe vor der Tessitura. Dann haben Bilder von Licht und Schatten sie fasziniert, z.B. auf der neuen Hausfassade von Marlis Kasper. Christine Bremi hat diese Schattenbilder zuerst gezeichnet und nachher aus dünnen Tonplatten geformt.

Im Eingang der Casa auf dem Granitboden lag an einem Tag ein Lichtviereck. Christine Bremi hat noch nicht herausgefunden, woher und wie dieses Licht in die Casa kommt. Als nächstes haben die Gassen in Bedigliora Christine Bremi beschäftigt: einerseits die runden Steine auf dem Boden, andererseits die gebrochenen Linien in den Gassen. Christine Bremi hat beobachtet, wie die Flächen der Hauswände aufeinander treffen und die Gasse weiterführen.

Wie kommen Flächen zusammen? Wie sieht es da aus, wo sie zusammenstossen? Wo gibt es Brüche und Winkel? Was für Linien entstehen? Das hat Christine Bremi interessiert.

In der Pergola waren es die Ranken der Reben, die Christine Bremi zu einem Objekt angeregt haben.

Christine Bremi hat ihre Objekte brennen lassen. Sie hat TöpferInnen gesucht in der Umgebung, die ihr den Brennofen zur Verfügung gestellt haben.

Nach dem Brennen hat Christine Bremi Objekte geräuchert. Sie sagt, wie sie das macht.

Sie hat auch Objekte poliert: Geformte Objekte, die nicht gebrannt sind, poliert Christine Bremi lang, so lang, bis sie glänzen. Sie macht das mit einem Löffel. Das ist eine ganz alte Technik, die man auch bei antiken Töpferwaren in Museen sieht.

Anna Barbara Züst