Brigitte Kordina

Brigitte Kordina besuchte die Akademie der Künste in Wien, wo sie Malerei und Grafik studierte, mit einem Auslandjahr an der École des Beaux-Arts und im Atelier Johnny Friedlaender in Paris. Seit den achtziger Jahren hatte sie laufend Aufträge und konnte als freie Künstlerin leben. Nach der Heirat zog sie mit ihrem Mann nach Deutschland, ins Rheinland. Es entstanden damals minimalistische <Wegwerfbilder> aus Karton und Materialbilder auf Leinwand. Nach fünf Jahren kehrte sie nach Wien zurück, wo sie ihre Arbeiten in vielen Einzel- und Gruppenausstellungen, in Museen und im öffentlichen Raum sowie auf den internationalen Kunstmessen präsentiert. Ihr Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Neben Malerei und Grafik beschäftigt sich Brigitte Kordina mit Fotografie, Objektkunst und intermedialen Raumkonzepten.

Aufenthalt

03.10. - 12.11.2016

Ausstellung: Im Licht des Winters

Brigitte Kordina war schon vom 01.01.2013 bis am 31.03. 2013 in der Casa Atelier Bedigliora. Sie zeigte ihre Arbeiten am 23. 03. 2013.

Brigitte Kordina, «Rankenspiel», Fotografie

Einführung zur Ausstellung

Brigitte Kordina hat drei erwachsene Kinder und drei Enkel. Nach einer intensiven Familienzeit hatte sie in den letzten drei Monaten in Bedigliora die Gelegenheit, täglich eine Erfahrung mit sich selbst zu machen und sich in kleinen Schritten wieder näher zu kommen. Sie hat gewohntes Verhalten abgestreift, nicht geplant, sondern sich dem Moment überlassen und alles auf sich wirken lassen. Die Natur im winterlichen Kleid mit ihren Vernetzungen und Gespinsten, sowie das Licht, das alles immer wieder neu inszeniert, faszinierte sie und hat sie zum Aquarellieren inspiriert. Die winterlichen Farben, sowie das blattlose Geäst mit den wirren Ranken und Reben haben etwas Herbes und Ungezügeltes, das besonders in dieser Jahreszeit sichtbar wird. Nach ihren Wanderungen mit den Naturbeobachtungen kam sie erfüllt zurück und hatte viel Stoff für ihre Arbeit – das Malen.

Ihre Lieblingsmotive in der Natur, rund um die Casa Atelier und weiter weg, häufig im dichten Wald, fotografierte sie auch – eine Fotografie ist auf der Einladungskarte zu sehen. Sie benutzte die Fotografien aber nicht als Erinnerungsstütze während der Arbeit, sondern malte aus dem Gedächtnis. So sind die Bilder nicht das genaue Abbild des Motivs in der Natur, sondern geben ihre Wahrnehmung der Farben, der Formen, des Rhythmus frei wieder. Im Atelier war das Sonnenlicht manchmal zu hell zum Malen, dann verhängte sie die Fenster. Wenn ihr die Aquarellfarben nicht stark genug waren, benutzte sie auch Pigmente. Da schlängeln sich die Ranken und Äste bald in fließenden, bald in eckigen Bewegungen auf dem hellen Hintergrund, Hauswand oder Schnee. Dicke Pinselstriche setzen Akzente, kraftvolle Linien ziehen den Blick auf sich, antworten einander. Die für das Aquarell typische Feingliedrigkeit, die zarten Rändchen und feinen Farbüberschneidungen, kontrastieren mit dem wilden, ungestümen Charakter der nackten Ranken, Äste und Zweige vor der Hausfassade oder im Schnee, mit seinem bläulichen und rötlichen Schimmer. Dabei sind Stellen im Hintergrund ausgespart. Es sind die im Aquarell so wichtigen Leerstellen, in denen das Papier in seiner Beschaffenheit und seiner eigenen Farbe mit der Malerei in Dialog tritt und die das Bild atmen lassen. Die unregelmäßigen hellen Formen, Schneefetzen im Geäst, lassen aber auch an die Spiegelstücke denken, die Brigitte Kordina in ihren Installationen verwendet. Die Faszination der Künstlerin für die geometrischen und organischen Formen, die Licht- und Farbreflexion und die ständige Veränderung des Raums durch den wechselnden Lichteinfall findet in der Malerei ihren Widerhall.

So schließt sich ein Kreis: Nach der Beschäftigung mit verschiedenen Techniken und Materialien, mit Rauminstallation, Fotografie, Grafik und Malerei, lässt sich die Künstlerin in Bedigliora mit unbefangenem Blick auf neue Motive ein, bleibt aber ihren Themen treu: Licht und Schatten, Reflexion und Veränderung, innerer und äußerer Rhythmus, Vitalität und Fragilität. 

Ruth Gantert, 23. 03. 2013